Sie gehören zu den allerersten Absolvent*innen des neuen Ausbildungsgangs Kaufleute im E-Commerce, der seit seiner deutschlandweiten Einführung im Sommer 2018 auch am Berufskolleg des Rhein-Sieg-Kreises in Siegburg angeboten wird. Als Verkürzer der Ausbildung haben Olga Koslowski im Januar bzw. Jan Dreeser bereits im vergangenen Sommer ihre Ausbildung zur Kauffrau bzw. zum Kaufmann im E-Commerce mit der IHK-Prüfung erfolgreich abgeschlossen. Ihre Klassenkamerad*innen werden regulär in diesem Frühjahr in die Prüfungsphase gehen. Im Gespräch haben uns Olga und Jan von ihren Erfahrungen und Eindrücken während ihrer Ausbildung berichtet.

Zufällig zum neuen Ausbildungsberuf

Beide haben sich nicht aktiv auf diesen Ausbildungsberuf beworben, sondern wurden von ihren Arbeitgebern darauf aufmerksam gemacht: „Ich habe mich eigentlich als Industriekauffrau beworben. Als mein Betrieb die Lizenz zur Ausbildung im E-Commerce bekommen hat, haben sie mich gefragt, ob das auch etwas für mich wäre,“ berichtet Olga Koslowski, die in einem Unternehmen arbeitet, das GPS Tracker vertreibt. Vor allem das Interesse an einem neuen Berufsbild habe sie dazu bewogen, das Ausbildungsangebot anzunehmen. Im Sommer startete bei ihrem Arbeitgeber bereits der dritte Durchgang für die Ausbildung zu Kaufleuten im E-Commerce.

Für Jan Dreeser, der bei einer Online-Marketing Agentur arbeitet, klang der neue Ausbildungsberuf, vor allem die IT- bzw. Online- Komponente, ebenfalls so interessant, dass er zusagte, als sein Arbeitgeber ihm eine Ausbildung zum Kaufmann im E-Commerce anbot. Bedenken wegen des neuen Berufsbildes hatte er dabei keine. “Meinen Ausbildungsbetrieb kannte ich ja schon. Ich habe mich nur gefragt, wie digital die Schule sein wird und wie kompetent. Meine Hoffnung war, dass der Unterricht überwiegend digital am PC stattfindet – was dann auch der Fall war.”

Ausbildung: Die richtige Entscheidung!

Ihre Entscheidung für die Ausbildung haben weder Jan noch Olga bereut. Vor allem im Betrieb durch das Kennenlernen verschiedener Unternehmensbereiche habe sie gemerkt, was ihr liegt und gefällt, erzählt Olga. Für Jan war der schulische Teil der Ausbildung spannender, da er seinen Ausbildungsbetrieb bereits gut kannte. “Ich habe schon nach ein paar Wochen – nach den ersten Klausuren – gemerkt, dass ich mich für den richtigen Ausbildungsberuf entschieden habe, da die Themen von Anfang an super spannend waren.”

Besonders beeindruckt habe ihn auch das Engagement der Lehrer: “Wir waren ja der erste Durchgang, es gab noch keine festen Routinen. Man hatte nicht, wie es sonst häufig der Fall ist, das Gefühl, dass die Lehrer*innen die Themen lustlos schon zum zwanzigsten Mal unterrichten. Alles hat sich entwickelt, während der Unterricht lief.” Auch für die kommenden Jahrgänge erwarte er keine festen Routinen, “weil es in dem Bereich viel Bewegung gibt, es sich nicht so festlegen lässt.” Gerade dies mache E-Commerce so spannend.

Praktische Tools im Unterricht

Bei der Frage, welche Tools im Unterricht ihnen am meisten Spaß gemacht und weitergeholfen haben, sind sich Olga und Jan schnell einig: “Vor allem die Office Programme fand ich gut und sinnvoll – OneNote zum Beispiel hat Routine und Struktur für jeden reingebracht”, berichtet Olga. Jan ergänzt: “Das gleiche denke ich auch über Teams, was wir im Online -Unterricht dann auch regelmäßig genutzt haben. Man konnte genau sehen, welche Aufgaben man zu erledigen hatte und die Kommunikation lief reibungslos.” Diese Programme und das Erlernte helfen auch jetzt im Berufsleben und sicher auch in der Zukunft.

Corona und die Prüfungen

Einen Vorteil gegenüber anderen (Berufsschul-)klassen hatten die Auszubildenen im E-Commerce dank ihrer Erfahrung mit digitalem Unterricht und Teams, als es im vergangenen Frühjahr in den ersten Corona-Lockdown ging. Dennoch mussten auch sie sich erst in den Online-Unterricht reinfinden und – gerade als Verkürzer – einiges an Stoff selbstständig erarbeiten. Jan war schon fast in der Prüfungsphase, als der erste Lockdown kam. Dennoch habe er sich gut auf die Prüfung vorbereitet gefühlt: “Ich hatte das Gefühl, dass wir das meiste im Unterricht bearbeitet hatten.” Olga, die ein halbes Jahr später ihre Abschlussprüfung absolvierte, erzählt: “Vor der Zwischenprüfung hatte ich mehr Angst als vor der Abschlussprüfung. Ich habe mich gut vorbereitet gefühlt.”

Fit für die Arbeitswelt?

Olga und Jan sind beide nach Ende ihrer Ausbildung in ihren Ausbildungsbetrieben geblieben – beworben haben Sie sich daher bislang noch nicht mit ihrem neuen Titel “Kaufmann bzw. Kauffrau im E-Commerce". Auf die Frage, ob sie sich mit der Ausbildung gut gerüstet für die Arbeitswelt fühlen, antworten sie differenziert. “Ich glaube, die Ausbildung war eine gute Grundlage für alles. Es gibt ein sehr breit gefächertes Angebot an Berufen, die man in dem Segment machen kann. Allerdings muss man in vielen Bereichen auch deutlich tiefer eintauchen, um da zu arbeiten; als Grundlage dafür ist die Ausbildung aber gut geeignet,” so Jan. Olga ergänzt: “Man kann mit der Ausbildung alles Mögliche machen, aber viele wissen noch gar nicht, was damit alles möglich ist. Auch Unternehmen scheint der Beruf noch eher unbekannt.” Ihr ist aufgefallen, dass es Stellenangebote bislang eher im städtischen Bereich, etwa Köln oder Bonn, nicht aber in ländlichen Regionen gibt. In Bonn, wo Jan arbeitet, sieht er schon einige Jobmöglichkeiten. “Man kann letzten Endes alles machen, was online mit Handel zu tun hat – es gibt sicher einige Angebote in dem Bereich.”

 

Tipps für künftige Azubis

Keiner von beiden bereut die Entscheidung für die Ausbildung, auch wenn man den Beruf noch häufig erklären muss. “Generell fand ich die Ausbildung super spannend; wenn man etwas übrig hat für Webseiten, wie funktioniert das Konzept, Produkte online zu verkaufen, dann ist das genau das passende.” Als Tipp für Interessierte fügt Olga hinzu: “Man sollte bei dem Beruf auf jeden Fall offen sein und nicht nur an Webseiten, Computer etc. denken, wenn man E-Commerce liest. Es ist immerhin noch eine kaufmännische Ausbildung, und diese Aspekte – wie etwa Lagerhaltung – geht man auch durch.” Ein bisschen Vorerfahrung was den Aufbau von Webseiten betrifft, könne bei der Ausbildung helfen, so Jan. Insgesamt sei es aber wichtig, ein Allrounder zu sein, der für jeden Bereich im E-Commerce offen ist, ergänzt Olga. Bei der Wahl eines Ausbildungsbetriebs – da sind Olga und Jan sich einig – sollte man vor allem darauf achten, dass es bereits Kolleg*innen im Unternehmen gibt, die sich im E-Commerce auskennen und ihr Wissen praktisch vermitteln können. So könnten dann die in der Schule theoretisch erlernten Themeninhalte direkt im Unternehmen Anwendung finden.

Fotos:
Olga Koslowski und Jan Dreeser