Viel mehr als nur Deutschunterricht: eine ukrainische Flüchtlingsklasse am Berufskolleg des Rhein-Sieg-Kreises in Siegburg

Konzentriert arbeiten die Schüler:innen der IFK212 an Laptops und Tablets. Deutsch steht auf dem Stundenplan. An sich nichts Ungewöhnliches – würde es sich bei den Schüler:innen nicht um junge Menschen handeln, die allesamt erst seit wenigen Wochen in Deutschland sind und von jetzt auf gleich vor dem Krieg in der Ukraine flüchten mussten.

Seit Anfang Mai werden die 20 Schüler:innen zwischen 16 und 18 Jahren am Berufskolleg des Rhein-Sieg-Kreises in Siegburg unterrichtet. Dabei ist eine Priorität natürlich, den jungen Leuten möglichst schnell Deutsch beizubringen, so dass sie sich gut im Alltag zurechtfinden können und rasch ihren Bildungsabschlüssen gemäß ins deutsche Schulsystem integriert werden können. Noch viel wichtiger ist es aber, den Jugendlichen eine Struktur im Alltag zu bieten und ihnen soziale Kontakte mit Gleichaltrigen zu ermöglichen. Nicht zuletzt soll dies ihnen dabei helfen, das Erlebte zu verarbeiten.

Neben Deutschkenntnissen wird auch Unterricht in Englisch, Mathe und BWL angeboten. Dabei werden die unterschiedlichen Voraussetzungen der Schüler:innen berücksichtigt, die bislang Abschlüsse nach der 9. oder 11. Klasse vorweisen können. Die meisten Schüler:innen sind jeden Tag an der Schule, einige aber nur an drei Tagen der Woche. An den anderen beiden Tagen werden sie online von ukrainischen Lehrer:innen unterrichtet, um ihnen zu ermöglichen, ihre in der Ukraine angestrebten Schulabschlüsse zu erlangen.

Nicht zuletzt deswegen ist es auch von Vorteil, dass im Unterricht teils mit digitalen Lehrwerken gearbeitet wird, wo jeder dann im eigenen Tempo Fortschritte machen kann. Die Schüler:innen nutzen dazu eigene Laptops oder Surfaces, die sie sich von der Schule ausleihen konnten. Im nächsten Jahr sollen die jungen Leute idealerweise Sprachzertifikate erwerben, mit denen sie reguläre weiterführende Bildungsgänge im deutschen Schulsystem besuchen können.

Neben dem Unterricht bemüht sich das Klassenteam in Zusammenarbeit mit den Sozialarbeitern der Schule, den Jugendlichen auch ein Stück Normalität zu bieten. Dazu gehören zum Beispiel auch Schulausflüge, etwa in den Kletterwald in Hennef. Dennoch bleibt es eine große Herausforderung, die Schüler:innen ins Bildungssystem zu integrieren und ihrer Situation gerecht zu werden, denn jede/r bringt ganz eigene Voraussetzungen mit sich: sei es ein angefangenes Studium, eine begonnene Ausbildung, die Abiturvorbereitung. Was sie eint ist die Tatsache, dass sie alle mitten aus ihrem gewohnten Leben gerissen wurden und sich nun in einem fremden Land zurechtfinden müssen.

Foto: 1 – Schüler:innen der IFK212 mit Lehrerin Samira Szebeni